Luxemburg

18. Etappe: Roodt-sur-Syre – Luxemburg

Gelaufen: 18,3 km (Gesamt: 380,5 km)

Mein Morgen startete gleich mit einer Zugfahrt Richtung Roodt-sur-Syre. Wie gestern bereits erwähnt, sind öffentliche Verkehrsmittel in ganz Luxemburg auch für Touristen kostenlos und so machte ich mir keine Gedanken, ein Ticket für die Fahrt zu lösen. Dadurch entging es mir aber auch, am Bahnhof ein Frühstück zu kaufen und so eilte ich mit leerem Magen zum Zug. Ab Roodt konnte ich weiterhin den Beschilderung des Jakobsweges folgen, die mal besser und mal schlechter zu finden waren. Ich passierte ein kleines Dorf nach dem anderen und langsam verging meine Hoffnung auf ein Frühstück, da kein Café und kein Bäcker in Sicht waren.

Luxemburg am Morgen kann so ruhig und idyllisch sein – fördert allerdings nicht die Nahrungsbeschaffung.

Doch plötzlich erschien wie aus dem Nichts zwischen wohlhabend wirkenden, aber generisch aussehenden Wohnvierteln und weiteren Feldern ein riesiger Supermarkt. So konnte ich mir doch noch eine Mahlzeit nach meinem Geschmack zusammenstellen und meinen knurrenden Magen zum Schweigen bringen.

Die Wohngebiete waren nicht übermäßig spektakulär, aber bei genauerem Hinsehen wurde klar, dass die Anwohner wohl keine Geldsorgen hatten. (Ja, ich habe das Monstrum auf dem Foto nochmal genauer unter die Lupe genommen und es handelte sich tatsächlich um ein privates Wohnhaus.)

Gut gesättigt und nun besser gelaunt führte mein Weg mich in immer dichter bebaute Wohngegenden und mir wurde bewusst, dass ich mich langsam aber sicher in die Landeshauptstadt bewegte. Dabei erinnerten mich die Vororte sehr an den Großraum Frankfurt. Waren die Wohngebiete weiter außerhalb noch relativ edel, wirkten die Häuser hier eher etwas vernachlässigt und heruntergekommen. Hinzu kam, dass Industrie und Gewerbeflächen zunahmen, während man in der Ferne bereits erste schillernde Wolkenkratzer aus Glas und Aluminium erkennen konnte. Es war einfach dieses Gesamtpaket das mir ein Gefühl von Frankfurt gab.

Wenn man sich der Hauptstadt nähert, wird man schon bald von den ersten Wolkenkratzern begrüßt.

Ich folgte den Muscheln immer tiefer in den Asphalt-Dschungel, bis ich schließlich an eine Kreuzung kam, an der ich vorerst keine weitere Markierung entdecken konnte. Etwas irritiert zückte ich also mein Smartphone um meinen Standort mit den GPS-Daten abzugleichen. Und während ich mich etwas verloren umsah und nach dem richtigen Weg Ausschau hielt, zog eine weitere Person meine Aufmerksamkeit auf sich. Diese Person fiel vor allem dadurch auf, dass auch sie mit einem großen Rucksack unterwegs war und etwas verloren wirkte. Bei genauerem hinsehen erkannte ich eine Muschel an ihrem Rucksack – das Erkennungszeichen der Jakobspilger. Wir saßen also im selben Boot.

Ich ging direkt auf sie zu und da ich bereits gestern gelernt habe, dass man in Luxemburg mit der deutschen Sprache nicht so weit kommt, wie ich gehofft hatte, sprach ich sie auf Englisch an. Wie sich herausstellte, vollkommen umsonst. Die Pilgerin war eine brasilianischstämmige Deutsche, die in Koblenz gestartet war und ebenfalls über den Mosel-Camino ihren Weg nach Luxemburg gefunden hat. Wir tauschten uns kurz aus, glichen unsere Karten ab, kamen allerdings zu keinem Konsens, weshalb ich den einen Weg einschlug und sie einen anderen. Und ich sollte Recht behalten.

Manchmal war es Glückssache, ob ich die Markierungen finden konnte oder nicht.

Nach nur einer Straßenbiegung fand ich tatsächlich die Wegmarkierungen mit der Muschel wieder und konnte so wieder wie gewohnt einfach nach der Beschilderung laufen. Es herrschte heute wieder herrliches Wetter und in der Sonne kletterten die Temperaturen immer weiter in die Höhe. Asphalt und Beton taten da den Rest. Da ich unerwartet einen kleinen Park durchquerte, nutzte ich die letzte Sitzbank um noch einmal durchzuatmen und den Schatten zu genießen, bevor ich mich in das Stadtzentrum warf.

Durch die Baumkronen konnte ich in der Ferne bereits die Dächer der Luxemburger Altstadt erkennen.

Und während ich noch meine Pause nutzte, um noch eine Kleinigkeit zu essen, marschierte schließlich ein bekanntes Gesicht vorbei. Die andere Pilgerin erzählte mir, dass sie einsehen musste, dass ihr Weg Sie in eine Sackgasse führte, weshalb sie schließlich meinem Beispiel gefolgt war.

So machten wir uns zusammen auf den restlichen Weg und hielten ab da gemeinsam Ausschau nach unserer Wegbeschilderung. Raquel (so hieß die Pilgerin) stellte sich dabei schnell als sehr angenehme Laufgesellschaft heraus. Wir hatten ein ähnliches Lauftempo und so wie auch ich blieb sie gerne immer wieder stehen, um Fotos zu machen oder einen schönen Ausblick zu genießen. Hinzu kam, dass wir uns tatsächlich sehr gut unterhalten konnten und viele gemeinsame Gesprächsthemen fanden, so dass die verbliebenen Kilometer ins Stadtzentrum wie im Fluge vergingen.

Mit Raquel hatte ich endlich die Chance, auch Mal auf meinen eigenen Fotos drauf zu sein. Hier vor dem Malakoff-Turm von Luxemburg.

Letztendlich war es meine blöde Blase, die unsere Wege trennte. Während Raquel einen kleinen Umweg zu einem Soldatenfriedhof machen wollte, der zugegebenermaßen sehr interessant aussah, drängte meine Blase mich dazu, zur nächstmöglichen Toilette weiterzulaufen. Tatsächlich ergab sich die Möglichkeit schon relativ schnell in Form einer Jugendherberge auf dem Weg, doch leider brachte sämtliches Trödeln und Schlendern nichts, um von der netten Brasilianerin wieder eingeholt zu werden. Und so bummelte ich alleine durch Luxemburgs Altstadt, vorbei an den Kasematten bis hin zur Kathedrale.

Hier setzte ich auch das Ende meiner Etappe und beendete das Tracking, da ich schon fest eingeplant hatte, noch eine Weile durch die Stadt zu bummeln. Vor allem zog es mich zunächst zur Touristeninformation, um mir einen Stempel für meinen Pilgerpass abzuholen. An der Touristeninformation wollte ich mich zudem über Busverbindungen innerhalb der Stadt informieren und so wurde mir einen Plan ausgehändigt mit der zusätzlichen Information, dass heute Abend ein Marathon stattfand und deshalb die halbe Stadt gesperrt würde.

Der Stempel aus Luxemburg war zwar kein klassischer Pilgerstempel, aber dennoch sehr schön.

Da ich gerne noch etwas die Stadt kennenlernen wollte, aber weder die Zeit noch die Motivation hatte, mir alles auf eigene Faust zu erarbeiten, ließ ich mich zusätzlich zu Sightseeing-Touren beraten und entschloss mich zu einer Bimmelbahnfahrt durch das historische Viertel.

Bereits auf dem Weg zur Bimmelbahn-Haltestelle boten sich noch einige interessante Ausblicke über die halbe Altstadt.

Damals in Palermo habe ich Sightseeing-Touren schätzen gelernt, da man in kurzer Zeit die nötigsten Informationen bekam, an den wichtigsten Hotspots vorbeifuhr und so bereits einen guten Überblick über die Stadt bekam.

Und so konnte ich mich auch diesmal entspannt zurücklehnen, die historischen Sehenswürdigkeiten Luxemburgs genießen und mir dabei von einem Audioguide die Geschichte der Stadt und des Landes erklären lassen.

Auf der anderen Seite der Bimmelbahn-Haltestelle hat man einen guten Blick auf das Pfaffenthal. Im Vordergrund sieht man das Hospiz mit sauber angelegtem Garten, dahinter das riesige Viadukt, über das die Eisenbahn verkehrt, und im Hintergrund die Wolkenkratzer des modernen Viertels.

Nach Abschluss der Rundfahrt gönnte ich mir noch einen kleinen Stadtbummel und konnte dabei sogar einen kostenlosen Hut abstauben. Auf einer Pilgerreise denkt man normalerweise über jedes zusätzliche Gramm zweimal nach, doch dieser Hut hatte eine breite Krempe und da ich mir mit meiner Mütze schon zweimal die Ohren verbrannt habe, schien es mir das Gewicht definitiv wert zu sein. Der Hut hatte zwar einen Werbeaufdruck von einer Bank, die sich später als der Hauptsponsor des Marathons herausstellte, aber als Pilger durfte man nicht zu wählerisch sein. Aber hey, immerhin war der Hut kostenlos!

Unverhofftes Hut-Upgrade in der Luxemburger Fußgängerzone. Und die Farbe ist in jedem Wald und an jeder Straße definitiv gut sichtbar!

Ich begab mich schließlich wieder auf den Weg in meine Unterkunft, bevor offiziell die Straßen gesperrt würden. Und auf meinem Zimmer erwartete mich schon die nächste kleine Überraschung. Eine hübsche kleine Wasserflasche gab es als Geschenk vom Hotel mit der Notiz, dass das Hotel allen Marathonläufern viel Erfolg wünschte (und allen restlichen Gästen ein schönes Wochenende). Ein weiteres kostenloses Gimmick das ich tatsächlich gebrauchen konnte.

Ein ausgiebiger Blick in die Informationsbroschüre, die ich bei der Touristeninformation abgestaubt habe, verriet mir, dass die Marathonstrecke sogar vor meinem Fenster verlief. Und so beschloss ich, den heutigen Abend überwiegend mit dem Bestaunen des Marathons zu verbringen.

Eine nette Wasserflasche, die ich in Ensch bereits schmerzlich vermisst habe, als ich den Rest der geschenkten Weinflasche zurücklassen musste.

(Das GPS hatte zwischendurch einen kleinen Hänger, deshalb passt auf einem kleinen Abschnitt der Wegverlauf nicht mit der Karte überein.)

Auch Raquel möchte die komplette Strecke von Deutschland bis nach Santiago zurücklegen, tut dies aber in kleineren Abschnitten an ihren freien Wochenenden.

Ihre Reise könnt ihr sowohl auf YouTube als auch auf Instagram verfolgen.

Vielleicht schaut ihr mal rein.

2 Kommentare

  • Raquel

    Hi
    Die nette brasilianerin war ich. Danke für das Kompliment. Es war sehr schön der Weg mit dir. Ich habe später versuchen dich in der Stadt zu treffen. Nun, waren so viele Leute unterwegs.
    Übrigens…der orangenen Hut habe ich auch bekommen.

    Buen camino!

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