Luxemburg

19. Etappe: Luxemburg – Kleinbettingen

Gelaufen: 19,2 km (Gesamt: 399,7 km)

Der Marathon gestern Abend stellte sich als sehr interessant und spaßig heraus es war ein richtiges Straßenfest mit viel Live-Musik und bis spät in die Nacht waren viele Menschen draußen unterwegs und haben gefeiert.

Da es sich um einen Nachtmarathon handelte, zogen sich Tanz und Musik bis kurz vor Mitternacht. Da sich meine Unterkunft am 34. Kilometer befand, wurde es ohnehin etwas später, bis die Massen an Läufern bei uns vorbeikamen.

Am heutigen Morgen erwartete mich aber wieder die selbe Magie wie in Rüdesheim oder Trier. Wo gestern noch die halbe Stadt auf der Straße unterwegs war und gefeiert hat und wo sich gestern noch Ströme an Touristen wie Sardinen in der Büchse durch die Straßen geschoben haben, da war heute alles still und leer gefegt. Nichts erinnerte mehr an das rege Treiben von gestern und selbst die voll befahrenen Autospuren waren heute wie ausgestorben.

Noch am Abend zuvor konnte man in dieser Fußgängerzone keinen Fuß vor den anderen setzen vor lauter Besuchern.

Für mich war das aber umso besser, da ich ausgerechnet heute eine relativ lange Strecke entlang einer Schnellstraße hatte. Ich hatte mir vorher noch Gedanken darüber gemacht, wie angenehm (oder eben nicht) es wäre, wenn man ständig die Massen an Autos neben sich her lärmen hätte. Aber tatsächlich fuhr eher alle 10 Minuten ein einzelnes Auto an mir vorbei. Von daher hatte ich mehr als genug Ruhe, um mich in meine Gedanken zu vertiefen und in meditatives Laufen zu verfallen.

Vor allem aber hatte es geholfen, dass sich zu beiden Seiten der Schnellstraße Gewerbegebiet befand, sodass es ständig etwas zu sehen gab. Dadurch konnte ich unbewusst meine Gedanken im Fluss halten ohne dass es zu langweilig wurde und ich wieder an das Laufen und meine Füße erinnert wurde. Auch wenn ich rückblickend gar nicht mehr sagen kann, wo ich mit meinen Gedanken umhergewandert bin, war ich anscheinend beschäftigt genug, dass die Kilometer an der Schnellstraße schneller verflogen als erwartet.

Die Schnellstraße war über unzählige Kilometer schnurgerade. Zum Glück war sie aber kontinuierlich rechts und links bebaut, sodass es nicht zu öde wurde.

Erst als ich nach etwa 7,5 km in Mamer von der Schnellstraße abbiegen musste, bemerkte ich auch meinen knurren den Magen und nutzte eine kleine, überlaufene Bäckerei am Straßenrand zum frühstücken. Von meinem Biorhythmus und meinen Pilgergewohnheiten war es auch der absolut richtige Zeitpunkt für die erste Mahlzeit. Perfektes Timing!

Ein süßes, schokoladiges Frühstück ist bei so vielen verbrannten Kalorien auch manchmal drin. Und das vollkommen ohne schlechtes Gewissen.

Mit gefülltem Bauch verließ ich die Schnellstraße, durchquerte noch ein kleines Wohngebiet und kam schließlich auf einen (halbwegs) idyllischen Feldweg, der sich in einiger Entfernung parallel zu den Bahngleisen erstreckte. Ich konnte wieder über die weiten Getreidefelder und Futterwiesen blicken und auch die mittlerweile vertrauten Kühe waren wie Schokostreusel über die Hügel gesprenkelt. Das einzige, was diesen friedlichen Anblick etwas störte, waren etliche Hochspannungsmasten und vor allem weniger ästetische Industriegebäude am Horizont.

Kühe gehören zur luxemburgischen Landschaft einfach dazu.

Dafür war das nähere Umfeld umso hübscher. Aktuell standen sehr viele Wildblumen in voller Blüte. Mohn, Kornblumen, Hahnenfuß, Margeriten, Klee und viele andere leuchteten um die Wette und tauchten die Grünstreifen an Straßen und Feldern in bunte Farben. Begleitet wurde das von wildem Quaken das daher rührte, dass am Weg ein Amphibienschutzgebiet ausgewiesen wurde, in dem sich Frösche, Kröten und Molche anscheinend pudelwohl fühlten.

An den Straßenrändern blühten allerhand bunte Wildblumen.

Durch ein überschaubares Waldstück und über noch sehr viel mehr Feldwege führte mich mein Weg endlich nach Kleinbettingen. Hier wollte ich meine Etappe beenden, da sich hier die letzte sinnvolle Bahnhaltestelle befand, von der aus ich nach Luxemburg in meine Unterkunft fahren und morgen früh zurückkehren könnte. Daher wollte ich hier gerne meinen Pilgerpass stempeln lassen und landete so bei Familie Jacoby, denen sowohl ein Hotel als auch das benachbarte Restaurant gehört. Als ich mein Anliegen erklärte, bin ich sofort wieder auf maßlose Gastfreundschaft gestoßen. Mir wurde neben einem Stempel auch sofort eine Toilette und ein Getränk aufs Haus angeboten, wozu ich an diesem sommerlich sonnigen und warmen Tag auch nicht Nein sagen konnte. Anschließend durfte ich mich noch einer Fragerunde des Personals stellen, die anscheinend total fasziniert und beeindruckt von meiner Reise waren, ehe ich mich endlich wieder auf den Weg machte, um den Zug nach Luxemburg zu erwischen.

Die Idylle vor Kleinbettingen. Selbstverständlich mit Kühen.
Sie standen wirklich überall und waren stets alles andere als menschenscheu.

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