17. Etappe: Trier – Roodt-sur-Syre
Gelaufen: 35,1 km (Gesamt: 362,2 km)
Ich wusste zwar von Anfang an, dass heute eine längere Etappe auf mich wartete, aber ich war schon früh morgens super fit und vor allem super motiviert! Zum einen schien das Wetter endlich (auch auf längere Sicht) etwas Besserung zu geloben, aber zum anderen war ich voller Vorfreude auf Luxemburg. Heute würde der Tag sein, an dem ich die erste Landesgrenze überschritt und Deutschland hinter mir ließ. Und vor allem auch die Mosel. Und bitte versteht mich nicht falsch, die Gegend an der Mosel war wunderschön, aber ich freute mich auch darauf, endlich etwas Abwechslung zu bekommen.
Aber bevor es so weit war, hatte ich noch einige Kilometer zurückzulegen. Am frühen Morgen sah Trier wieder vollkommen anders aus als noch am Abend zuvor, aber vor allem war die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten menschenleer. So schritt ich entspannt vorbei am Dom und am Kurfürstenpalast und genoss es, besagte Hotspots ausnahmsweise für mich allein zu haben.
Doch während ich gedankenverloren den gelben Jakobsmuscheln folgte, stellte sich mir noch in Trier ein kleines Problem in den Weg. Wo der Jakobsweg offiziell an einigen Kleingärten vorbeiführte, war der örtliche Kleingartenverein wohl der Meinung gewesen, dem Durchgangsverkehr einen Riegel vorschieben zu müssen und den Weg zu versperren. Die Wegweiser lenkten mich also geradewegs auf ein verschlossenes Tor zu, das sich definitiv nicht mit legalen Mitteln öffnen lies. Doch zum Glück hatte ich immer noch die GPS-Daten der Route, sodass ich die Sperrung umgehen konnte und wusste, wo der Jakobsweg hinter den Gärten weiterging.
Nach einigen weiteren Straßen kam ich schließlich auch an das vorübergehende Ende des Jakobsweges: die Benediktinerabtei St. Matthias. In dieser Abtei befindet sich das Grab des Apostels Matthias und ist dadurch ein beliebtes Pilgerziel. Leider bedeutete das für mich und meine Weiterreise allerdings auch, dass ich vorerst keine weiteren Wegweiser für den Jakobsweg finden konnte. Aber selbst wenn, hätten mir diese nicht geholfen, da der kürzeste (und damit am häufigsten begangene) Jakobsweg ab Trier nach Süden Richtung Metz führte. Da ich aber unbedingt über Luxemburg laufen wollte, musste ich mich also ab hier auf eigene Faust durchschlagen.
So begab ich mich zunächst an die Mosel und verfolgte am anderen Ufer die Promenade nach Westen. Diese stellte sich zwar als gut gehbar heraus, da es sich um einen gesonderten Fuß- und Radweg handelte, aber ich musste mir leider eingestehen, dass mich der Weg schon nach wenigen Kilometern langweilte. Also verließ ich die Promenade zwischenzeitig, um etwas über die Ortschaft Igel abzukürzen. Zwar wollte mich ein älterer Herr mit Hund vehement wieder an die Promenade schicken, da der Weg doch so viel einfacher und schöner wäre, als durch das Dorf zu laufen, aber ich hatte diese Abwechslung dringend nötig. (“Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.”)
Nach insgesamt knapp 16 km hatte ich schließlich das Grenzgebiet von Deutschland und Luxemburg erreicht. Zu meinem Glück befand sich direkt an der Grenze eine Touristeninformation, wo ich mir noch einen Stempel und zusätzliche Informationen abholen konnte. Die nette Dame, die gerade Dienst hatte, war super hilfsbereit und vor allem Feuer und Flamme, mit mir eine Wanderroute zu meinem Etappenziel auszuarbeiten. Ich wusste nämlich, dass ich ab dem Dorf Wecker wieder auf einen Jakobsweg kam, aber dieses Dorf musste ich erstmal erreichen. Nachdem wir schließlich dutzende Wanderkarten und das Internet durchwälzt hatten, waren wir zufrieden mit dem Ergebnis und zum Abschied habe ich sogar die (sonst kostenpflichtige) Wanderkarte geschenkt bekommen. Und so marschierte ich geradewegs über die Brücke nach Wasserbillig und somit nach Luxemburg.
Ich bewegte mich noch mehrere Kilometer an der Moselpromenade entlang, die hier aber bei weitem nicht so langweilig war wie in Deutschland. Während man an der deutschen Promenade immer nur die selben Bäume und die selben zwei Pflanzen gesehen hat, herrschte hier Biodiversität, wie sie im Bilderbuch steht. Egal ob Bäume, Sträucher, Gräser oder Blumen: An den Seiten des Weges wechselten sich Pflanzen schneller und häufiger ab als man realisieren konnte, aber das sorgte letztendlich für die ersehnte Abwechslung. Und nachdem die Strecke geradezu an mir vorbeiflog und ich seit langem wieder ein fröhliches “Buen Camino!” aus einem parkenden Auto zugerufen bekommen habe, habe ich in Mertert schließlich der Mosel den Rücken zugekehrt. Die Syre sollte die nächsten Tage meine Begleitung sein.
Mit Hilfe der Wanderkarte und der fabelhaften Hilfe im Touristenbüro konnte ich mich quasi problemlos von Wanderweg zu Wanderweg hangeln und mich so viel mehr auf das genießen der Umgebung konzentrieren. Was sofort auffiel, nachdem ich die Mosel verlassen hatte, waren die sehr viel sanfteren Hügel. Es gab keine steilen Auf- und Abstiege mit Plateaus mehr (wie in Deutschland) sondern viel mehr ein kontinuierliches, aber sanftes Auf und Ab. Irgendwie erinnerte es mich sofort an Wellen auf dem Meer – auf und ab, auf und ab.
Zum Wandern war es definitiv eine sehr angenehme Landschaftsform. Und der Meinung waren offensichtlich noch mehr Menschen, denn ich traf unterwegs immer wieder auf Spaziergänger, aber auch auf viele Radfahrer. Doch nicht nur die Berge änderten sich. Auch das Landschaftsbild im Ganzen unterlag einem Wandel. Während an der Mosel noch Wälder an den Bergen und Wiesen und Felder auf den Höhen dominierten, waren die Hügel Luxemburgs durch und durch mit kleinen Feldern und irrsinnigen Mengen an Viehweiden durchzogen. Dabei fielen einem vor allem Milchkühe ins Auge. Und je weiter man lief, desto mehr wurden es.
Kurz vor Manternach machte ich plötzlich eine Entdeckung, die mich im ersten Moment sehr erfreute: Ich sah eine Wegmarkierung mit Jakobsmuscheln. Aber schnell realisierte ich, dass die Muschel in die vollkommen falsche Richtung zeigte. Und dann kam mir auch wieder die Erinnerung, dass der Jakobsweg in Luxemburg einen regelrechten “Zick-Zack” beschrieb und es durchaus seinen Sinn hatte, dass ich den Ort Wecker in meinem Hinterkopf abgespeichert hatte. Also ging es weiterhin nach Kartenmaterial.
Hinter Manternach gönnte ich mir aber erstmal eine ausgiebige Pause. Mit der Sonne am Himmel wurde es tatsächlich zunehmend wärmer und so kam mir die Picknick-Bank im schattigen Wald gerade gelegen. So konnte ich wieder etwas runterkühlen und vor allem die Sitzgelegenheit nutzen, um meine Socken zu wechseln. Gerade auf längeren Strecken ist das nicht zu unterschätzen. Immerhin war ich mittlerweile schon 25 km gelaufen und hatte noch ein paar Kilometer vor mir. Mein heutiges Ziel war Betzdorf, wobei das in Wirklichkeit flexibel war, da meine Unterkunft in der Stadt Luxemburg war und ich vorhatte, mit den (kostenlosen) öffentlichen Verkehrsmitteln von und zu meinen Etappen zu pendeln.
Meine Füße haben diese Pause dankbar angenommen und so konnte ich frisch erholt bis nach Wecker laufen, wo ich endlich auf meine ersehnten Wegmarkierungen gestoßen bin. Letztendlich war es doch sehr viel einfacher, nach Markierungen laufen zu können, als ständig auf die Karte zu schauen. Nun musste ich den Markierungen nur noch bis in den nächsten Ort Betzdorf folgen, wo ich den Zug nach Luxemburg nehmen konnte.
Aber irgendwie war ich gut gelaunt und höchst motiviert. Die Kilometer nach Betzdorf liefen sich quasi von allein und da ich heute schließlich nicht an mein Etappenziel gebunden war, beschloss ich in Betzdorf kurzerhand, einfach noch eine Zughaltestelle weiterzulaufen. Immerhin stimmte die Richtung und auch der nächste Bahnhof lag noch auf dem Jakobsweg. Und so konnte ich meine überschüssige Energie tatsächlich nutzen, um noch bis nach Roodt-sur-Syre zu laufen, wo ich dann endlich in den Zug nach Luxemburg gestiegen bin.
3 Kommentare
Petra
Hallo Eva,
es freut mich sehr zu lesen, dass Du diese Etappe mit voller Motivation geschafft hast und auch genießen konntest. Ich wünsche Dir ganz viele solcher Tage 😊. Und auch schön zu lesen, dass es Dir gut geht.
Liebe Grüße Petra
Reiner
Hallo liebe Eva,
auch ich habe in letzten Tagen/Wochen immer wieder nach den neuesten Beiträgen gesucht.
Aber beruhigend war dann doch heute den AKTUELLEN Hinweis von heute zu sehen.
Bei allen Hoch’s und Tief’s und der geschilderten gesundheitlichen Problemchen könnte ja immer mal was sein, aber schön dass es immer weiter geht.
Nur schade dass du letztes Wochenende das “Owwedäler Gemaafest” verpasst hast.
Aber über den Zusammenhang zwischen Offenthal und Finisterre (wo du ja auch schon warst) werde ich dir demnächst berichten.
Es grüßt de Owwedäler Reiner – Au revoir
Buen Camino
Eva
Hallo Reiner,
ja, ich habe schon von vielen Seiten aufs Brot geschmiert bekommen, dass ich das Gemaafest verpasst habe. Aber nächstes Jahr bin ich definitiv dabei! 😉
Viele Grüße,
Eva