Deutschland

10. Etappe: Alken – Treis-Karden

Gelaufen: 20,4 km (Gesamt: 207,2 km)

Ich glaube, ich habe auf dem gesamten bisherigen Jakobsweg noch nie so gut geschlafen wie letzte Nacht. Und so war ich umso motivierter, als Kathi mich heute Morgen in Alken abgesetzt hat, wo sie mich gestern eingesammelt hatte. Die Temperaturen waren etwas frisch aber angenehm und die Luft war klar und ließ auf gutes Wetter hoffen.

Ein bezaubernder Morgen an der Mosel.

Von Alken aus verlief der Jakobsweg zunächst einmal über die Mosel ans andere Ufer und dort über einen Trampelpfad durch hohes Gras entlang der Bahngleise. Da das Gras voller Tau war, dauerte es auch nicht lange, bis meine kompletten Beine und Schuhe nass waren. An den Beinen störte es mich herzlich wenig, dafür trug ich schließlich Shorts, aber bei den Schuhen hatte ich schon etwas Angst, dass die Feuchte auf Dauer nicht draußen bleiben würde. Und so nutzte ich die nächste Bahnunterführung, um die Seite zu wechseln und doch an der asphaltierten Moselpromenade entlangzulaufen. Die war immerhin trocken.

Der Trampelpfad neben den Bahngleisen war gesäumt von klatschnassem, hohem Gras.

So passierte ich zunächst den ein oder anderen Ort, wo ich auch prompt einen kleinen Kulturschock erfuhr. Mir war zwar schon vorher bewusst gewesen, dass die Mosel eine populäre Weinregion ist und ich habe auch schon mitbekommen, dass hier viele Leute ihren eigenen Wein keltern. Aber als mir dann bei mehreren Winzern und Weingütern sogar Automaten mit Flaschenweinen aus eigener Produktion aufgefallen waren, habe ich realisiert, dass Wein hier nicht nur ein Genussmittel ist. Wein ist ein Lebensstil. Oder vielleicht auch eine Religion.

Nach einigen Kilometern am Ufer der Mosel ging es auch wieder vom Fluss fort und den Berg hinauf. Der Aufstieg war zwar anstrengend, aber der Weg ließ sich sehr gut gehen und man konnte sich ohne Probleme trittsicher bewegen. Auf dem Weg nach oben begegneten mir auch die ersten Steinmännchen auf meinem bisherigen Camino und ich bemühte mich, noch einen Stein anzulegen. Das gestaltete sich aber schwieriger als gedacht, da die bestehenden Steinmännchen schon zur Perfektion ausbalanciert waren und es eher an ein Wunder grenzte, dass sie noch standen.

Schon bei der leichtesten Berührung geriet das Steinmännchen gefährlich ins Wanken.

Endlich oben auf dem Berg angekommen, stellte ich fest, dass es sich eher um ein Plateau handelte, über das sich kilometerweit Wiesen erstreckten. Dennoch bekam man ebenso einen wunderschönen Ausblick über die Mosel und mehrere Info-Schilder verrieten, dass es sich hier einerseits um einen beliebten Platz zum Gleitschirm- und Drachenflieger handelte, und dass andererseits die Hänge an der Mosel häufige Brutplätze für Wanderfalken waren.

Von oben hat man einen sehr weiten Blick über den Flussverlauf.

Ich folgte den Muscheln weiter über das Plateau, weg von der Mosel durch Wiesen und Wälder, bis sich plötzlich zwischen den Bäumen der Ausblick auf mein persönliches Highlight ergab: Burg Eltz. Ich habe schon so oft Bilder und Videos von der Burg Eltz gesehen und es hat mich immer so fasziniert, sodass ich schon den ganzen Tag, wenn nicht sogar schon Tage vorher riesige Vorfreude auf diesen Moment hatte. Bis zur Burg hatte ich zwar noch einen sehr unangenehmen Abstieg mit mörderischem Gefälle hinter mich zu bringen, aber ich hatte währenddessen immerhin konstant einen guten Blick auf die Burg.

Als ich das erste mal Burg Eltz erblickte…

Nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich an der Burg angekommen und musste etwas enttäuscht feststellen, dass man die Burg nur gegen ein (finde ich) hohes Eintrittsgeld betreten darf. Also habe ich die Außenansicht genossen und bin dann zur Kasse gegangen, um mir wenigstens meinen Pilgerstempel abzuholen. Umso unerwarteter hat es mich getroffen, als der Kassierer mir beim Abstempeln mitteilte, dass Pilger freien Eintritt hätten. Das hat mich so übermäßig gefreut, dass ich mich schon hart zusammenreißen musste, keine Luftsprünge zu machen. Ich kenne es zwar aus Spanien, dass Pilger oft Rabatte, kostenlose Eintritte oder Sonderkonditionen an allen möglichen Orten bekommen, aber in Deutschland habe ich es ehrlich gesagt nicht erwartet.

Ich ließ es mir bestimmt nicht zweimal sagen und nahm mir die Zeit, die Burg und ihre Schatzkammer zu erkunden. Die gesamte Anlage ist tatsächlich nur so klein, wie es auch von außen aussieht, aber dennoch war es einfach ein faszinierender Anblick. Das gesamte Gebäude ist ein Kunstwerk. Und auch die Ausstellungsstücke in der Schatzkammer waren nicht weniger beeindruckend. Ein buntes Sammelsurium von Kunst und Krempel, Militaria und Schmuck. Mein besonderer Favorit war eine filigran ausgearbeitete Elfenbeinfigur, die einen hockenden Menschen während einem großen Geschäft darstellte. Anscheinend haben auch damals die Menschen ihren überschüssigen Reichtum für wortwörtlichen Scheiß ausgegeben.

Nachdem ich in aller Hülle und Fülle den Aufenthalt in der Burg Eltz genossen habe, machte ich mich weiter auf meinen Weg. Immerhin hatte ich noch ein bisschen was vor mir. Von der Burg aus führte der Weg wieder durch den Wald bergauf, nur um ein kurzes Stück weiter den Abstieg nach Treis-Karden einzuleiten. Dabei ergab sich noch der ein oder andere schöne Ausblick auf die Mosel, der den Abstieg nochmal deutlich angenehmer machte. In Treis-Karden angekommen besuchte ich noch schnell die Kirche und ließ mir erneut meinen Pilgerpass stempeln, um auch mein Etappenende zu dokumentieren.

Einen letzten Blick für heute auf die Mosel geworfen, bevor ich mich an den Abstieg wagte.
Endlich in Treis-Karden angekommen, war es auch das Ende dieser Etappe.

2 Kommentare

  • Thomas

    Der kackende Gnom, wie geil ist das denn 😂😂😂. Aber die Burg ist ja wirklich klasse.
    Es gibt halt doch einfach viel schönes zu sehen hier in Deutschland. Hoffe deinen Knien geht es wieder besser. 😊

    • Eva

      Mit den Knien ist es ein ständiges auf und ab, aber ich merke trotzdem, wie sie nach über zwei Wochen Wandern deutlich belastbarer und robuster geworden sind.
      Wird schon irgendwie werden 😉

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