Deutschland

5. Etappe: Ingelheim – Rüdesheim

Gelaufen: 16,9 km (Gesamt: 114,6 km)

Der Morgen war angenehm, nicht zu sonnig und bald nach dem Verlassen der Stadt stand ich auch schon im idyllischen Grün. Vorbei an ein paar Reiterhöfen und saftig grünen Pferdekoppeln, führte mich der Jakobsweg wieder hinauf auf eine Anhöhe, auf der bald wieder die vertrauten Weinberge begannen. Wie ich schon am Vortag feststellen musste, setzte sich der Trend nun immer weiter fort, dass die Beschilderung vom Jakobsweg immer miserabler wurde. Ab und zu entdeckte man die Muschel oder den gelben Pfeil noch irgendwo, aber in vielen Situationen stand ich auch ohne jede Information an irgendwelchen Weggabelungen. Ohne mein Smartphone und GPS wäre ich schon längst verzweifelt.

Weiter und weiter schlängelten sich die Wege durch die Weinberge.
Ein Blick über die Schulter bot mir trotzdem einen wundervollen Blick auf Ingelheim und das Umland.

So trugen mich die Beine immer weiter, zunächst in einen kleinen Nachbarort, in dem ich mir Frühstück einverleibte, und anschließend an Erdbeer-, Spargel- und Getreidefeldern sowie Futterwiesen vorbei immer weiter Richtung Norden, geradewegs auf den Rhein zu. Auch wenn man den Rhein zwar nicht sehen konnte, hatte man immer eine gute Orientierung durch die hessischen Berge, die sich hinter dem Rhein erhoben und im flachen Gelände gut sichtbar waren.

Saftige Wiesen auf dem direkten Weg zum Rhein. Die Berge geben eine ungefähre Entfernungseinschätzung. (Wimmelbild-Suche: Wo ist das Niederwalddenkmal?)

Schließlich am Rhein angekommen, gestaltete sich die halbwegs naturbelassene Rheinpromenade als sehr angenehm. Trotz der erneut ansteigenden Temperaturen gab es hier genug Bäume, die ausreichend Schatten spendeten. Nun musste ich diesem Weg nur noch bis nach Bingen folgen, um eine Fähre nach Rüdesheim zu erwischen.

Ich war schier überwältigt von den Ausmaßen des Rheins. Beachtet, dass die Bäume auf dem Foto noch nicht das gegenüberliegende Ufer darstellen, sondern eine Insel inmitten des Flusses bilden.
Auf den Weg nach Bingen stößt man auf die Überreste der historischen Hindenburgbrücke. Hier befand sich früher eine riesige Eisenbahnbrücke, die an dieser Stelle den Rhein überquert hat und knapp einen Kilometer lang war. Allerdings fiel die Brücke einem Luftangriff im zweiten Weltkrieg zum Opfer und wurde seitdem nicht wieder aufgebaut.

Aber die Rheinpromenade erwies sich wieder als zäher und langwieriger als zunächst angenommen. Vielleicht ist das auch nur ein sehr persönliches Problem von mir, aber je näher ich der Stadt kam und desto mehr die Promenade einheitlich asphaltierter Fußweg war, desto anstrengender fand ich es. Ich vermute, dass ich die abwechslungsreiche Natur einfach mehr genießen kann, als urbanes Einheitsgrau.

Die Binger Promenade hat zwar einen netten Ausblick, ist aber ansonsten relativ trostlos.

Endlich in Bingen angekommen bergab ich mich auf die Suche nach meinem obligatorischen Stempel und wurde auch im örtlichen Touristenbüro fündig. Über einen kleinen Abstecher zur Apotheke (Blasenpflaster) und vorbei an dutzenden Orten und Läden, die alle irgendwas mit der heiligen Hildegard zu tun hatten, wollte ich gerne noch der Basilika einen Besuch abstatten. Die Binger Basilika beinhaltet sehr viele beeindruckende Kunstwerke wie Ölgemälde, goldverzierte Marienstatuen und Massen an sehr detailreichen Heiligenfiguren. Wenn man in der Nähe ist, auf jeden Fall einen Besuch wert.

Die Basilika von Bingen ist auch von außen hübsch anzuschauen und es fällt vor allem das viele Grün und der Garten um die Kirche herum auf.

Dann ging es auch schon zur Fähre. Ich hatte Glück und musste nicht allzu lange warten, vor allem, da schon wieder leichter Regen einsetzte. Aber die Überfahrt war sehr angenehm. Und da die Route der Fähre zunächst eine Weile parallel zum Ufer verläuft, hatte man ein paar Gelegenheiten, sich beide Rheinufer genauer anzuschauen und auf sich wirken zu lassen.

Eine Personenfähre pendelt regelmäßig zwischen Bingen, Rüdesheim und anderen Orten am Rhein hin und her.

Nach etwa 15 Minuten konnte ich in Rüdesheim an Land gehen und somit schon wieder hessischen Boden betreten. Eigentlich wollte ich mich dann direkt zu meiner Unterkunft begeben, aber dabei fiel mir zufällig auf, dass sich quasi auf dem Weg die Kirche des Heiligen Jakobs befand. Da musste ich natürlich sofort hin und habe es auch nicht bereut. Während die Kirche äußerlich mit mehreren Pilgermotiven geschmückt war, befand sich innen eine der bisher dekorativsten Stempelstellen.

6 Kommentare

  • Irene Döbbemann

    Hallo Eva,
    toll wie Du Deine Erlebnisse schilderst. Da ich aus der Mainmetropole stamme, kann ich mir sehr gut vorstellen wo Du Dich momentan befindest.
    Ich wünsche Dir einen wunderschönen Weg bis zu Deinem Ziel und werde Deine Berichte weiterhin verfolgen.

    Alles Gute und Grüße,
    Irene

    • Eva

      Hallo Frau Reiss,

      die Begegnung hat mich auch sehr gefreut! Und ich werde bestimmt noch auf Ihre Kaffee-Einladung zurückkommen 😉

      Viele Grüße,
      Eva

  • Jürgen Orth

    Halo, Eva,

    laut Deinem Streckenaufzeichnung von komoot bist Du heute am Tag 5 “nur” knapp 4 Stunden gelaufen.
    Ist das nicht zu wenig für diese Riesenstrecke, oder habe ich da eine völlig falsche Vorstellung von einer Pilgerwanderung?
    Sorry, wenn ich Dir da zu kritisch rüberkomme. Würde mich aber mal interessieren wie Du Deine durchschnittlichen Tagestouren planst.

    Viele Grüße aus Frankfurt am Main
    Jürgen

    • Eva

      Hallo Jürgen,

      danke für die Nachfrage.
      Zum einen möchte ich darauf hinweisen, dass komoot tatsächlich nur die aktive Bewegungszeit zählt, nicht die gesamte Zeit, die ich unterwegs war. Das heißt auch, jede kurze Pause, jedes Foto, jedes Innehalten zum Landschaft oder Tiere gucken wird hier von der Zeit abgezogen.
      Zum anderen hängen meine Etappen auch von vielen anderen Faktoren ab. Vor allem in Deutschland bin ich oft stark an verfügbare Unterkünfte gebunden (in Spanien findet man leicht alle 2 km eine Herberge und ist flexibler). Aber auch Wetter, Geländebeschaffenheit und gesundheitliche Verfassung können einen Einfluss haben, ob man längere oder kürzere Etappen macht.
      Letztendlich ist es meiner Erfahrung nach auch normal, dass die Weglängen und Laufzeiten etwas variieren. Und da ich meinen zeitlichen Rahmen auch nicht zu knapp geplant habe, mache ich mir einfach keinen Stress und Folge weiter meinem Bauchgefühl. Der Jakobsweg ist schließlich kein Wettrennen 😉

      Ich hoffe, ich konnte damit deine Frage beantworten.
      Viele Grüße,
      Eva

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