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Vorbereitungen für den Jakobsweg

Es bleibt mir nur noch eine knappe Woche, dann geht es für mich wieder auf den Weg nach Santiago de Compostela. Fast sechs Jahre ist es schon her, seit ich das letzte Mal auf dem Jakobsweg gepilgert bin, aber die Erinnerungen an meine letzte Reise sind immer noch sehr präsent. Umso mehr freue ich mich, dass ich mich bald wieder auf den langen und beschwerlichen, aber hoffentlich auch schönen Pilgerweg machen darf.

Doch für solch ein Unterfangen bleiben einige Vorbereitungen nicht aus, weshalb ich euch nun einen kleinen Einblick geben möchte, was mir in den Wochen vor dem Start alles durch den Kopf schwirrt.

Erinnerungen an den letzten Jakobsweg wecken Vorfreude.

Der Weg

Das Offensichtlichste ist wohl das Zurechtlegen der Wanderroute. Man kann schließlich schlecht loslaufen, ohne zu wissen, wohin. Zumindest Start und Ziel sind klar – von der Haustür bis nach Santiago.

Und nach vielen Stunden Recherche und Einholen von Weginformationen, habe ich einen ungefähre Vorstellung, wo ich entlanglaufen möchte. Voraussichtlich. (Realistisch betrachtet werde ich auf meiner Wanderung wohl immer wieder spontane Änderungen vornehmen müssen, aber das gehört nunmal dazu).

Von der Haustür soll es zunächst über Frankfurt am Main, den Rhein entlang nach Norden, dann über den Mosel-Jakobsweg bis nach Trier gehen. Ab Trier werde ich mich auf wechselnden Wegen (mal Jakobsweg, mal Martinusweg, mal frei Schnauze) durch Luxemburg und Südbelgien schlagen, bis ich im Norden Frankreichs auf die Via Campaniensis, den belgischen Jakobsweg, treffe. Dieser geht in die Via Lemovicensis über, die schon zu den großen vier Jakobswegen in Frankreich zählt.
In den Pyrenäen möchte ich dann zum Camino del Norte wechseln, der an der Nordküste Spaniens entlangführt, und den Abschluss auf dem Camino Primitivo machen, einem Pilgerweg, der durch die asturischen Berge führt und als anspruchsvoll aber wunderschön gilt.

Für die gesamte Route rechne ich mit 2500 bis 3000 Kilometern und einem Zeitaufwand von etwa vier bis viereinhalb Monaten.

Für den Großteil der Strecke habe ich mir Wanderführer und Kartenmaterial rausgesucht, damit ich nicht vollkommen abhängig von GPS und mobilem Internet bin.

Das Gepäck

Zum Großteil möchte ich meine Packliste von meinem letzten Jakobsweg übernehmen, da ich (für viele andere Pilger) überraschend wenig Gepäck, aber trotzdem das Nötigste dabei hatte. Dennoch werde ich einige Anpassungen vornehmen müssen, da ich schließlich sehr viel länger unterwegs sein werde und auch das Wetter und die Temperaturen in Mitteleuropa im Mai noch sehr wechselhaft sein können. Ein zusätzliches Fleece und eine robuste Regenjacke müssen da einfach mit.

Ergänzend zu meinem letzten Jakobsweg habe ich mir leichte Teleskop-Wanderstöcke zugelegt (ich erinnere mich noch zu gut an die höllischen Knieschmerzen in der ersten Woche). Außerdem habe ich gelernt, dass die Regenschutz-Hüllen von Rucksäcken nur bedingt helfen, wenn man den ganzen Tag in strömendem Regen unterwegs ist. Deshalb kommt diesmal auch ein großer Regenponcho mit.

Während einige Pilger mit extrem großen Rucksäcken unterwegs sind, kommen einige mit einem sehr minimalistischen Rahmen zurecht. Aber es gibt kein Richtig oder Falsch – am Ende muss aber jeder sein eigenes Maß finden.

Das Schuhwerk

Schuhe sind wohl das A und O auf einem Pilgerweg. Ohne das richtige Schuhwerk kommt man wortwörtlich nicht weit. Deshalb ist es umso wichtiger gute, eingetragene Schuhe zu haben. Unter Pilgern gibt es da oft den “Glaubensstreit”, ob stabile (aber schwere) Wanderschuhe oder doch die leichten (aber fragileren) Laufschuhe das Mittel der Wahl sind. Beides hat sein Für und Wider uns letztendlich muss jeder für sich entscheiden, womit er sich am wohlsten fühlt.

Ich würde mich immer und immer wieder für meine Wanderschuhe entscheiden. Sie haben mir schon viele Hunderte Kilometer gute Dienste getan, sitzen wie eine zweite Haut und haben mir nie auch nur ein einziges Mal Blasen bereitet. Umso trauriger stimmt mich die Realisierung, dass sie definitiv nicht meine gesamte Pilgerschaft durchhalten werden und ich sie deshalb unterwegs ersetzen werden muss.

Meine Lowa-Schuhe haben mir schon lange gut gedient. Da sich aber meine Innensohle schneller durchläuft als die Gummisohle, habe ich ganz hoffnungsvoll noch Ersatz-Innensohlen in den Rucksack geworfen. Auf dass ich noch das Maximum aus diesen Schuhen rausholen kann…

Die Lokalpresse

Mich hatte im Vorfeld die Idee ereilt, dass ich ja die örtliche Zeitung über meine geplante Pilgerschaft informieren könnte. Ich habe eigentlich auf eine kleine Erwähnung in einer versteckten Ecke des Dorf-Blättchens gehofft. Was ich allerdings nicht erwartet habe war, dass meine “Geschichte” plötzlich den Titelseite der Tageszeitung unseres Landkreises schmücken sollte.

Ich war ziemlich überwältigt von der Euphorie der Journalistin, die mich besucht hatte, und noch mehr von der Resonanz der Leserschaft. So viele Menschen haben nach Erscheinen des Artikeln den Kontakt zu mir gesucht, um mir einen guten Weg (“Buen Camino!“) zu wünschen oder einfach zu fragen, wo man meine Reise mitverfolgen kann. An dieser Stelle einen riesigen Dank an alle, die hierher gefunden haben und sich mit diesem Absatz angesprochen fühlen 🙂

Wer der Zeitungsartikel nicht gelesen hat, aber Interesse hat, es nachzuholen, kann das hier tun: Offenbacher Post: Das Abenteuer beginnt vor der Haustür

Ich hätte nie erwartet, dass meine Reise auf der Titelseite abgedruckt würde. Umso mehr haben mich die Reaktionen und der viele Zuspruch überwältigt.

Der Körper

Viele Menschen fragen mich immer wieder: “Hast du für den Jakobsweg trainiert?” Und die Antwort ist immer wieder kurz und schmerzlos: “Nö.”

Mir ist bewusst, dass einige an dieser Stelle den Kopf schütteln würden. Immerhin ist der Jakobsweg eine außergewöhnliche Belastung, auf die man sich entsprechend vorbereiten müsste. Und dem gebe ich im Allgemeinen Recht. Allerdings sind alle Menschen unterschiedlich, alle haben unterschiedliche Startvoraussetzungen, alle sind unterschiedlich belastbar und vor allem hat jeder Mensch andere physische und psychische “Baustellen”. Während also für manche das regelmäßige Training vor dem Jakobsweg unabdingbar ist, haben andere das Glück, als blutige Anfänger durchstarten zu können und trotzdem gut durchzukommen.

Ich habe in meinem (Arbeits-)Alltag zumindest ausreichend Bewegung, dass spontane Wanderungen von bis zu 30 km kaum Herausforderungen darstellen. Dementsprechend kann ich mit zwar mehr Gepäck, aber weniger Kilometern pro Etappe auch ohne Training gut einsteigen.

Der Papierkram

Es ist zwar ein sehr unromantisches Thema, das man aber trotzdem nicht außer acht lassen darf: Wenn man so lange unterwegs ist, gehört ein ganzer Stapel Papierkram und viel Organisation dazu.

Da mich der Jakobsweg mehrere Monate in Anspruch nehmen wird, habe ich beschlossen, mir für diese Zeit unbezahlten Urlaub zu nehmen, den mir mein Arbeitgeber glücklicherweise auch bewilligt hat. Aber damit ist noch lange nicht alles abgedeckt. Ich musste mir im Vorfeld natürlich genügend Geld zusammensparen, um die Monate ohne Gehalt abfangen zu können, denn auch die Miete meiner Wohnung sowie diverse Versicherungen wollen weiter bezahlt werden. Hinzu kommt “Kleinvieh” wie die monatliche Handyrechnung und letztendlich muss man sich auf dem Jakobsweg selbst noch versorgen können. Das ist nichts, was man von einem Tag auf den anderen stemmt.

Ein weiterer Punkt ist die Krankenversicherung. Viele Krankenversicherungen decken zwar einen zwei- oder dreiwöchigen Urlaub im Ausland ab, aber ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten sprengt den Rahmen. Deshalb musste ich mich frühzeitig um eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung kümmern, denn an solcher Stelle möchte ich definitiv nicht sparen. Sicher ist sicher.

Ein weiteres wichtiges Papierstück, um das man sich rechtzeitig kümmern möchte: Der Pilgerpass (“Credencial”). Er ist das entscheidende Dokument, um sich als Jakobspilger auszuweisen. In Deutschland ist er zwar noch nicht ausschlaggebend, aber spätestens in Spanien bekommt man in den meisten Pilgerherbergen erst dann ein Bett, wenn man den Pilgerpass vorweisen kann. Zudem ist er notwendig, wenn man in Santiago die begehrte “Compostela” bekommen möchte, da er zusätzlich den Wegverlauf der Pilgerschaft dokumentiert. (Die Compostela ist die offizielle Urkunde, die bescheinigt, dass man bis zum Grab des Apostels gepilgert ist.)

Der offizielle Pilgerpass der Jakobspilger. Ich hoffe, mit vier Pässen genug Platz für alle Stempel zu haben.

10 Kommentare

  • Peter Ließmann

    Hallo Frau Pforr,
    ich möchte Ihnen ein von Herzen kommendes “Buen Camino” mit auf dem Weg geben.
    Ich beneide Sie sehr, denn ich habe 2026 das Selbe vor. Bereits 2009 bin auch ich den Weg von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Santiago de Compostela gelaufen und will 2026 den Weg von Zuhause nach Santiago gehen.
    Deshalb würde ich in den nächsten Wochen gerne Ihrem Reiseblog folgen, wenn Sie nichts dagegen haben, denn Tipps und Erfahrungen werden für mich sicher dabei sein. Ihnen aber nun aber alles Gute, kommen Sie gut durch 🙂
    MfG Peter Ließmann aus Bruchköbel

    • Eva

      Hallo Herr Ließmann,

      danke für den lieben Gruß und ich würde mich selbstverständlich freuen, wenn Sie meine Reise verfolgen. Ich hoffe aber auch, das es in 3 Jahren die Möglichkeit geben wird, mit Ihrer Wanderung mitzufiebern 😉

      Viele Grüße,
      Eva

  • Jürgen Orth

    Hallo, Eva,
    ich habe heute im Rhein-Main Extra Tipp von Dir gelesen. Auch da bist Du auf der ersten Seite.
    Ich wünsche Dir viel Durchhaltevermögen auf Deiner Reise.
    Heute ist ja bereits der 02.05. und Du bist gestartet. Ich werde Dich auf Deiner Reise begleiten und bin gespannt über Deine Erlebnisse zu lesen.
    Viele schöne Erlebnisse 🙂
    Jürgen

    • Eva

      Hallo Jürgen,

      ich muss zugeben, dass ich den Rhein-Main Extra Tipp vorher gar nicht kannte, aber die Presse und die Redaktionen im Rhein-Main-Gebiet sind manchmal vernetzter als man glaubt 😀
      Danke noch für die netten Wünsche!

      Viele Grüße,
      Eva

  • Jürgen Orth

    Hallo, Eva,
    ich habe Deine ersten 4 Etappen verfolgt. Du hattest ja überwiegend “schönes Wetter”. Lieber ein wenig zu heiß, als Dauerregen.
    Bin auf die nächsten Berichte gespannt.
    Viele liebe Grüße
    Jürgen

    • Eva

      Hallo Jürgen,

      zu heiß und Dauerregen sind beides Extreme, auf die ich beim Wandern auch gerne verzichten könnte 😀 Es ist eben alles eine Sache des Maß.
      Aber wie heißt es so schön: Es gibt kein schlechte Wetter, nur falsche Kleidung.

      Viele Grüße,
      Eva

  • Wolfgang Tischler

    Liebe Eva, Hut ab und großes Kompliment ! Ich selbst hatte den Camino schon einmal vor Jahren – aber
    nur in Spanien gemacht. Ich war jetzt 1 Woche im Urlaub im Elsass, Kloster St. Odilie, mit einem großen
    Pilgerhotel. Ich dachte schon, vielleicht kann ich dort auch einmal Eva begrüßen ? Obwohl der Camino in France am schönsten ist, würde ich vom Odilienberg abraten – der ist einfach über 13 km zu steil. !
    Ich habe die Internetadresse an meinen Skiclub weitergeleitet-es kann schon sein, dass sich einige neugierig
    Deine Wanderung anschauen. Buon Camino und Herzlichst Wolfgang Tischler

    • Eva

      Hallo Wolfgang,

      danke für deine nette Nachricht! St. Odilienberg klingt ja richtig spannend (und der Berg respekteinflößend 😀 ) aber Elsass liegt leider gar nicht auf meiner Route. Ich werde es mir aber bestimmt für einen späteren Urlaub im Hinterkopf behalten.

      Viele Grüße,
      Eva

  • Jürgen Orth

    Halo, Eva,
    ich bin noch dabei und verfolge Deien Weg.
    Gratulation zur ersten Grenzüberschreitung.
    Viele liebe Grüße
    Jürgen

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