Finnland

Nachts in der lappländischen Tundra

Wie wahrscheinlich alle Reisende, die sich im Winter in den Norden Skandinaviens begeben, haben auch wir auf die spektakulären Nordlichter (auch Aurora Borealis genannt) gehofft und wollten unseren Chancen ein wenig auf die Sprünge helfen, indem wir uns der Lichtverschmutzung Rovaniemis entzogen haben.

Das haben wir im Rahmen eines organisierten Ausflugs gemacht, der den freundlichen Namen “Aurora Borealis Picnic” trug. Und so wurden wir vom Veranstalter mit dicken Schnee-Overalls ausgestattet und abends mit etwa einem Dutzend anderer Abenteuerlustiger von einem kleinen Bus eingesammelt. Wir sind etwa 40 Minuten raus aus der Stadt und rein in die finnische Wildnis gefahren, wo es tatsächlich mit zunehmender Entfernung immer dunkler wurde. Mit an Bord hatten wir zwei sympathische Guides, die uns noch nützliche Informationen und Tipps auf den Weg geben konnten, was man alles zu beachten hat, wenn man die Nordlichter sehen möchte.

Schließlich inmitten der Dunkelheit und fernab von Zivilisation angekommen mussten wir zunächst einige hundert Meter durch tiefen Neuschnee stapfen, ehe sich uns ein kleiner Lagerplatz mit zwei tiefgefrorenen Kotas offenbarte. Kotas sind die traditionellen Tipis, wie sie schon seit Jahrtausenden von den einheimischen Samen gebaut und verwendet wurden, und sind im Norden Finnlands noch heute weit verbreitet als öffentliche Schutzhütten für Wanderer.

Eine samische Kota. Traditionell wurden diese mit mehreren Lagen Rentierfell bespannt, doch die neumodischeren Modelle bestehen oft aus einfacher Kunststoffplane. Einen guten Schutz gegen Wind, Niederschlag und Kälte bieten aber beide Versionen.

Zu jeder Kota gehört auch mindestens eine Feuerstelle, die wir an diesem Abend auch ausgiebig genutzt haben. Unser Guide hat uns demonstriert, wie auch die Samen im tiefsten Winter Feuer machen, indem man von Birkenholz die Rinde abschält und als Anzündholz verwendet. Die Rinde der Birken steckt voller natürlicher Öle, sodass man selbst feuchtes oder gefrorenes Holz mühelos zum Brennen bekommt.

Deshalb hatten auch wir in kürzester Zeit ein wärmendes Feuer und konnten so den Picnic-Teil unseres Ausflugs einläuten, während wir auf die Nordlichter warteten. Zu dem Zeitpunkt war es sowieso noch sehr bewölkt und wir sollten noch gut eine Stunde Zeit haben, bis sich der Himmel laut Wetterbericht aufklaren sollte.

Nachdem jeder einen Becher heißen Beerensaft und ein frisch gebrutzeltes Würstchen vom Feuer bekommen hat (da ich kein Fleisch esse, habe ich auf das Würstchen verzichten müssen), durften wir uns selbst um unseren Nachtisch kümmern. Zur Auswahl standen Marshmallows und kleine finnische Vanillekuchen, die sich jeder nach Herzenslust auf sein Holzstäbchen spießen und rösten durfte.

Obwohl wir in arktischen Verhältnissen, bei Minusgraden, Schnee und eisigem Wind draußen im dunkeln saßen, war es trotzdem eine unglaublich gemütliche und entspannte Atmosphäre, mit einigen Leuten um ein Feuer herum zu sitzen und einfach das Hier und Jetzt zu genießen.

Selbst im vorherrschenden Polarklima kann man draußen am Lagerfeuer sitzen, seine finnischen Kuchen grillen und es sich richtig gemütlich machen.

Es hätten nur noch die Nordlichter gefehlt, um diesen Abend perfekt zu machen. Aber es sollte wohl nicht sein. Die Wolken haben sich in dieser Nacht leider nicht mehr verzogen und auch die Guides haben uns in die Realität zurückgeholt, indem sie uns erzählt haben, wie selten richtig schöne Nordlichter sind uns welches Glück man haben muss. Angeblich sehen sie nur zwei oder drei richtig helle Auroras (wie man sie aus Kalendern oder von Desktop-Wallpapern kennt) pro Saison!

Das hat zumindest unsere Erwartung soweit zurückgestellt, dass ich nun keine Nordlichter mehr sehen MUSS, um eine schöne Reise gehabt zu haben. Natürlich werde ich mich freuen, falls es noch passiert, aber ich werde definitiv nicht enttäuscht sein, wenn es diese Woche nicht mehr klappt.

Das alles ändert aber nichts daran, dass wir einen wunderschönen Abend hatten, der trotzdem voller neuer Erfahrungen war. Vor allem eine arktische Nacht zu erleben und zu realisieren, wie Menschen schon seit Jahrtausenden mit sehr viel primitiveren Mitteln in solch einer lebensfeindlichen Umgebung gelebt haben war für mich Faszination pur.

Außerhalb der Stadt kann man vollkommene Dunkelheit genießen. Dennoch ermöglicht einem der leuchtend weiße Schnee schon bei geringstem Licht eine relativ gute Sicht, sodass man sich zu Fuß sehr sicher bewegen kann.
Falls ihr den Ausflug auch machen möchtet:
https://www.safartica.com/activity/aurora-borealis-picnic/
(Diese Werbung ist nicht bezahlt. Ich kann diesen Ausflug aber mit bestem Gewissen weiterempfehlen, da es mir sehr gut gefallen hat.)

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert