Deutschland

8. Etappe: St. Goar – Bad Salzig

Gelaufen: 16,8 km (Gesamt: 166,0 km)

Die heutige Etappe hatte definitiv einen der grausamsten Starts meines bisherigen Jakobsweges. Von der Rheinpromenade St. Goars führte mich mein Weg zunächst den Berg hinauf Richtung Burg Rheinfels. Das war an sich erstmal nichts Ungewöhnliches, da bergauf meistens der einzige Weg vom Rhein weg und aus einer Stadt raus war. Ich erklomm die vielen Treppenstufen, vorbei an einer Jugendherberge, wo ich temporär in eine Schulklasse eingegliedert wurde, und begab mich mit den fremden Kindern zur Burg. Die Steigung war nicht ohne und ich war froh, als ich oben angekommen war. Ich dachte, ich hätte die Höhenmeter nun hinter mich gebracht.

Hunderte von Treppenstufen führen von St. Goar zur Burg Rheinfels hinauf.

Aber wieder Mal falsch gedacht. Hinter der Burg durfte ich sämtliche gewonnene Höhe wieder bis fast auf Rhein-Level hinunter steigen, nur um dann – ihr ahnt es bestimmt schon – sofort wieder den nächsten Berg hochzuklettern. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich die Burg im Tal umrundet und mir so einen Berg erspart. Aber es war, wie es war. Das Hässliche war nur die irrsinnige Steigung und dass unter immer wieder einsetzenden leichteren Regenschauern die Wege sehr rutschig waren.

Der steile und rutschige Abstieg von der Burg.
Auf der anderen Seite ging es gleich wieder hoch. Im steilen Zick-Zack neben den Weinbergen entlang. (Der Trampelpfad im hohen Gras ist auf dem Foto gar nicht zu erkennen.)

An dieser Stelle waren meine Laune und meine Motivation Mal wieder an einem Tiefpunkt angekommen. Grummelig verfolgte ich den Rheinburgenweg, da auch auf dieser Uferseite kein Jakobsweg ausgeschildert war, und ich beachtete die schönen Ausblicke, die sich mittlerweile ergaben, eher halbherzig. Der Blick auf Burg Rheinfels und der Blick auf den Rhein waren zwar nett, aber die Laune war trotzdem dahin.

Heute durfte ich dem Rheinburgenweg folgen.
Von oben hat man einen sehr guten Blick auf Burg Rheinfels.
Auch der Rhein ist von so weit oben hübsch anzuschauen.

Aber das änderte sich doch sehr schnell, als ich in einen Teil des Waldes kam, den ich in meinem Kopf sofort als “Märchenwald” betitulierte. Noch in einem Moment lief ich durch einen Eichenwald und im nächsten Moment wandelte ich durch eine magische Fantasy-Kulisse. Der Boden und die Bäume waren immer mehr mit saftig grünem Moos bedeckt und überall wuchsen bunte Blumen, während die ersten Sonnenstrahlen durch das lichte Laubdach fielen. Dieser Ort hat mich einfach sehr verzaubert.

Nach dem zauberhaften Märchenwald folgte allerdings erstmal wieder ein buntes Potpourri an Wäldern und Feldern. Und je länger sich diese ereignislosen Landschaften zogen, desto unmotivierter wurde ich. Heute war wirklich nicht mein Tag. Obwohl heute nur eine kurze Strecke angedacht war, zog sich jeder einzelne Kilometer wie alter Kaugummi.

Einige Landschaftsformen scheinen sich doch häufiger zu wiederholen als andere.

Umso mehr freute ich mich, als ich zwischen Holzfeld und Hirzenach entlang des Rheinburgenwegs plötzlich einen Garten mit sehr eigentümlichen Bronzestatuen entdeckte. Die Figuren hatten eine ganz eigene Art und Ausstrahlung, aber mir haben sie auf Anhieb sehr gut gefallen. Sie haben mich auf einer tieferen Ebene angesprochen. Deshalb konnte ich auch nicht anders als stehen zu bleiben und diese Kunstwerke zu bestaunen. Und schnell hatte ich Gesellschaft – die Künstlerin Jutta Reiss, die diese Figuren kreiert hat, kam auf mich zu und schnell waren wir in ein sehr nettes Gespräch vertieft. Sie erzählte mir von ihrer Arbeit, dem Entstehungsprozess solcher Werke und was Kunst für sie bedeutete. Dabei hat man sofort gemerkt, wie viel Leidenschaft sie in ihre Kunstwerke steckt und ihre euphorische Art, als sie davon erzählte, war einfach ansteckend.

Wenn ihr also Interesse an Frau Reiss’ Kunst habt, kann ich euch nur empfehlen, ihrem kleinen Garten einen Besuch abzustatten oder eine ihrer Ausstellungen zu besuchen. Weitere Infos findet ihr auch auf ihrer Website.

Der Rheinburgenweg ging weiter nach Hirzenach, wo ich mir wieder eine kleine Pause erlaubte, da weder mein Kopf noch mein Körper die nötige Energie hatten, sich für den Endspurt aufzuraffen. Und so entschied ich mal wieder spontan für mich, mir den letzten Berg zu schenken und die heutige Etappe an der Rheinpromenade fertigzulaufen. So kam ich schließlich in Bad Salzig an und freute mich sogar über meine Unterkunft, die mich sehr an eine gute Pilgerherberge in Spanien erinnerte. Ich hatte zwar ein Bett in einem Meerbettzimmer, blieb die Nacht aber allein. Zusätzlich hatte ich eine Gemeinschaftsküche und einen gemütlichen, wohnzimmerartigen Aufenthaltsraum zur Verfügung, was genau die Dinge sind, die ich an Hostels und Pilgerherbergen schätze.

Auch an der Rheinpromenade kann man einen schönen Ausblick haben.

Ein Kommentar

  • Thomas

    Das war wieder sehr kurzweilig liebe Eva. Lass dir von den Steigungen nicht die gute Laune nehmen, nimm sie einfach an 🏞️ und ziehe Stärke daraus. Sie gehören dazu und geben dir Kraft.

    Liebe Grüße
    Thomas

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